08. KW 2019
In einem Buch über Umgangsformen las ich, dass Engländer sich nur selten umarmen. Außer beim Fussball. Auch der Handschlag ist in Großbritannien unüblich. Außer beim Kennenlernen oder einer Verabschiedung für lange Zeit. Die Italiener dagegen lieben Umarmungen, selbst mit Fremden. Die Franzosen bevorzugen Küsschen links und rechts. Und lieben das Händeschütteln. Die Spanier hauen ...
sich bei der Begrüßung kräftig auf den Rücken. Nicht auf den eigenen, sondern den des anderen. Wahrscheinlich, um nicht geküsst zu werden.
Die Briten achten sehr auf Pünktlichkeit. In Spanien kann man getrost eine halbe Stunde nach der verabredeten Zeit kommen. In Südspanien wird sogar eine Stunde Verspätung empfohlen. Es sei denn, es ist Stierkampf. Schließlich will man das Tier nicht unnötig lange auf den Todesstoß warten lassen.
Die unbestechlichen Dänen freuen sich, wenn man Ihnen Schnaps mitbringt. Die alkoholerprobten Briten bevorzugen als Gastgeschenk Blumen. Apropos Blumen: Däninnen, Französinnen und Italienerinnen sollten Sie keine Chrysanthemen mitbringen, Finninnen keine weißen Lilien und Schwedinnen überhaupt keine Blumen. Auch bei roten Rosen für die Gastgeberin sollte man in weiten Teilen Europas sehr zurückhaltend sein. Außer in Spanien, da geht's. Notfalls haut Ihnen der spanische Ehemann kräftig auf den Rücken.
Engländer möchten ungern als solche bezeichnet werden. Man spricht besser von Briten, Walisern oder Schotten. Spanier verübeln Ihnen jede Störung in der Zeit von 13 Uhr bis 17 Uhr. Und Italiener können sehr abweisend reagieren, wenn Sie mit ihnen über die Mafia diskutieren wollen.
Ach ja, über die Deutschen habe ich auch gelesen. Der Deutsche legt Wert darauf, dass vor dem Eintreten angeklopft wird. Zumindest derjenige, der sich hinter der Tür befindet, was ich gut nachvollziehen kann: Wer lässt sich schon gerne beim Bohren in der Nase oder anderen unappetitlichen Handlungen erwischen? Kaugummi im Aschenbecher hält er für deplatziert. Höflichkeit im Straßenverkehr ist für ihn selbstverständlich, ebenso wie regelmäßige Körperpflege. Und er ist der Ansicht, dass Jogginganzüge auf den Balkon, besser noch auf die Dachterrasse eines Hochhauses gehören. Und dass eine Schulklasse auf dem Bürgersteig nicht nebeneinander zu gehen hat. Wenn ich mich so umschaue, vermute ich, dass es sich bei dem Buch um eine Auflage aus den sechziger Jahren gehandelt haben muss.
Jedenfalls lässt der Deutsche seit jeher für sein Leben gern Grüße ausrichten. Selbst an Menschen, die er gar nicht kennt. Und er genießt, ja verlangt es manchmal sogar, von anderen gegrüßt zu werden. Zumindest dann, wenn der andere sein Angestellter ist. Unterlässt dieser den Gruß, führt das bei ihm unweigerlich zu Herzklappenbeschwerden. So geschehen im Großraum Köln. Ich vermute, es lief wie folgt ab: Ein Chef geht in Begleitung spazieren. Sein Mitarbeiter auch. Man begegnet und sieht sich. Der Chef grüßt, der Mitarbeiter nicht. Ob der sich gedacht hat "Du kannst mich mal", ist nicht überliefert. Das wiederholt sich exakt eine Woche später, wieder wird nicht gegrüßt. Der Chef empfindet das als Beleidigung und kündigt das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters. Zu Recht?
Mitnichten. Das Landesarbeitsgericht Köln sah im Verhalten des Mitarbeiters zwar eine Unhöflichkeit, aber kein Fehlverhalten oder gar eine Beleidigung, die eine Kündigung rechtfertigen könne. Noch Fragen, euer Ehren? Ja, eine Frage hätte ich: Ist dieser Chef eventuell mit dem amerikanischen Präsidenten verwandt?
Für Interessiere:
LAG Köln 29.11.2005 - 9 Sa 657/05
Musiktipp:
Groeten uit Grollo von Cuby and the Blizzards
Hier das ideale Gewächs für alle Dänen, die einer Britin und
für alle Briten, die einer Dänin Blumen mitbringen wollen:
In die Röhrchen kann man Schnaps schütten!
© am Text: Detlef Wendt
© am Bild: Sabine Czudaj-Wendt