Der 32. Wendt der Woche: Kamele - Mit Foto + Musiktipp

02. KW 2019

 

Wenn man Sie nach dem größten Skandal im Jahr 2018 fragt, was wäre Ihre Antwort? Die Maaßen-Affäre? Der Spiegel-Skandal? Der Fall Khashoggi? Oder dass ein Passagier auf einem Flug von Dubai nach Amsterdam so hemmungslos gefurzt hat, dass alle Mitreisenden bis auf den Piloten fast ohnmächtig geworden sind? Mein unangefochtener Spitzenreiter war der Eklat um die Anfang 2018 veranstaltete Wahl ...

 

zur „Miss Kamel“ in Saudi-Arabien. Jedes Jahr wird dort das hübscheste Kamel gekürt. Wie genau die Wahl von statten geht, entzieht sich meiner Kenntnis. Ob die Kamele lediglich ihre Höcker entblößen, sich möglicherweise komplett nackig machen oder sogar breitbeinig vor den Jurymitgliedern hocken, all das ist mir nicht bekannt.

 

Sicher scheint jedenfalls zu sein, dass sich die Jury auch die Köpfe der Bewerberinnen anschaut. Denn es fiel auf, dass manche Kamele extrem glatte Lippen hatten. Wie es bemerkt wurde, ist nicht überliefert. Scheint es denkbar, dass Jurymitglieder beim Küssen abgerutscht sind? Nähere Untersuchungen ergaben Hinweise auf Fremdeinwirkung. Einige Besitzer hatten ihre Kamele mit Botox aufgehübscht. Kein Wunder, immerhin geht es bei dem Wettbewerb um einen zweistelligen Millionenbetrag. In Euro.

 

Mir fehlt für diesen Schwindel jedes Verständnis. Ist den Verantwortlichen denn nicht bekannt, dass Botox ein Nervengift ist, dass bei der Verwesung von Gammelfleisch entsteht? Es künstlich herzustellen bedarf eines aufwendigen, hochkomplizierten und damit teuren Verfahrens. Jede Botox Spritze, die in ausgemergelten Kamellippen landet, fehlt an anderer, weit wichtigerer Stelle. Zum Beispiel in den Pobacken von Cher, den Fußsohlen von Donatella Versace oder den Frontallappen des amerikanischen Präsidenten. Dass es in Saudi-Arabien Kamele gibt, die Botox dadurch vergeuden, indem sie es ihren Kamelen spritzen, ist unerhört. Aber ich erfuhr aus sicherer Quelle, dass die Veranstalter einen todsicheren Weg gefunden haben, diesem Betrug in 2019 nicht erneut aufzusitzen: Jeder Kamelbesitzer muss bei der Anmeldung seines Kamels künftig auf den Koran schwören, keine unerlaubten Eingriffe bei dem Kamel vorgenommen zu haben. Na bitte, geht doch!

 

Auch das OLG Stuttgart musste sich mit Kamelen beschäftigen. Der Betreiber einer Kamelfarm bot Ausritte an. Zwei begeisterte Reiterinnen ergriffen die günstige Gelegenheit und buchten eine einstündige Tour. Der Kamelchef begleitete sie und führte beide Tiere an einer Kette. Als sie an einer Gruppe von Hundehaltern vorbeiritten, erschraken zuerst die Hunde und dann die Kamele. Das Chefkamel bockte und warf eine Reiterin ab. Diese erlitt erhebliche Verletzungen. Sie verklagte den Kamelchef auf Schadensersatz. Das OLG Stuttgart gelangte zum Ergebnis, dass die Kamelhaltung in Deutschland sehr selten sei, trotz einer Vielzahl von zweibeinigen einheimischen Kamelen. Daher könne man beim Kamel (noch) nicht von einem hiesigen Haustier sprechen.

 

Schwein gehabt! Sonst hätten Vermieter ihren Mietern künftig womöglich die Haltung von Kamelen genehmigen müssen. Bei Schweinen sind wir ja schon soweit (siehe "Auf hoher See und vor Gericht", S. 170).

 

Für Interessierte:

OLG Stuttgart 07.06.2018 -13 U 194/17

Musiktipp:

Mirage von Camel

 

Grüß Gott 2019!

So schnell, wie ich mein Fleisch fress,

kann Botox erst gar nicht entstehen!

 

© an Bild und Text: Detlef Wendt