06. KW 2019
Kürzlich erzählte mir ein junger Mann, nennen wir ihn Adam, eine schier unglaubliche Geschichte: "Vor fünf Jahren", begann er, "lernte ich im Urlaub eine attraktive Frau kennen. Eva, so hieß sie, war 10 Jahre älter als ich. Wir verliebten uns ineinander und heirateten. Eva hatte eine erwachsene Tochter namens Maria. Mein Vater Josef besuchte uns häufig und verliebte sich in Maria. Auch sie ...
heirateten. Mein Vater Josef und Maria bekamen einen Sohn, Jesus. Als Sohn meines Vaters war Jesus mein Bruder. Gleichzeitig war Jesus aber auch mein Enkel, denn er war ja der Sohn meiner Tochter. Als Ehemann meiner Tochter war mein Vater auch mein Schwiegersohn. Und meine Tochter war zur gleichen Zeit meine Mutter, da sie ja die Ehefrau meines Vaters war. Meine Frau war nicht nur meine Frau, sondern als Mutter der Ehefrau meines Vaters gleichzeitig auch meine Großmutter. Und da der Ehemann meiner Großmutter mein Großvater ist, war ich mein eigener Großvater.“
Ebenfalls von einem Großvater handelt ein tragischer Fall, mit dem sich das Landgericht Bonn beschäftigen musste: Ein erwachsener Mann steht am Grill, neben ihm sein vierjähriger Enkel. Großvater zündet die Holzkohle an. Zur Beschleunigung des Vorgangs schüttet er flüssigen Grillanzünder auf die glühende Kohle. Es entsteht eine explosionsartige Stichflamme, die den Vierjährigen erfasst und Verbrennungen 2. Grades verursacht. Der Kleine muss einen Monat lang im Krankenhaus versorgt werden. Anschließend folgt eine 12 Monate dauernde ambulante Nachbehandlung. Über den seelischen Zustand des Kindes, der Eltern und seines Großvaters enthält das Urteil vermutlich keine Angaben.
Gegen den Großvater wurde ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet. Er erklärte, dass der Sicherheitsverschluss von der Flasche mit dem Brandbeschleuniger abgesprungen sei, womit er nicht habe rechnen können. Die Staatsanwaltschaft stellte daraufhin das Ermittlungsverfahren ein.
Die Krankenversicherung der Eltern des Jungen musste 50.000 € an Behandlungskosten zahlen. Diesen Betrag verlangten sie klageweise vom Großvater zurück, weil der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Auch hier wandte der Großvater ein, er habe das Abspringen des Sicherheitsverschlusses nicht vorhersehen können. Das Landgericht Bonn beeindruckte diese Argumentation nicht. Der Großvater hätte für einen ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen dem Grill und seinem Enkel sorgen müssen. Ohne diesen Sicherheitsabstand hätte er keinen Brandbeschleuniger einsetzen dürfen.
Über unser gesamtes Leben entscheiden oft Zufall und Chancen, Pech und Glück, höhere Gewalt und (un)günstige Momente, für Gläubige auch Vorsehung und göttliche Fügung, und das oft in Bruchteilen von Sekunden. Dieser folgenschwere, entsetzliche Unglücksfall zeigt, wie nah das Schicksal sein kann.
Für Interessierte:
LG Bonn 26.10.2018 - 2 O 20/18
© am Text: Detlef Wendt