17. KW 2019
Laut Wikipedia ist Karfreitag der Tag zwischen Gründonnerstag und Karsamstag. Gut, dass uns zur Erlangung dieser Erkenntnis heutzutage solche Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Nach dem Plan der christlichen Kirchen sollen zumindest deren Anhänger an diesem Tag der Kreuzigung Jesu gedenken. Nach meiner persönlichen Einschätzung gedenken an Karfreitag 99 % der Bevölkerung ...
... dem Fernsehprogramm, 95 % bei gutem Wetter dem Grill und 90% dem langen Ausschlafen.
Die stetig wachsende Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber der Kirche scheint übrigens auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Auch der Kirche sind die Menschen wohl ziemlich schnuppe geworden. Im Gegensatz zur Christianisierung vor knapp zweitausend Jahren bringen die katholischen Priester heutzutage immerhin niemanden mehr um, sondern beschränken sich auf andere Methoden der Persönlichkeitszerstörung. Wie schnurz der katholischen Kirche die Menschen geworden sind, zeigt der verheerende Brand von Notre Dame in Paris. Ich las, der Vatikan sei nicht bereit, auch nur einen Cent für den Wiederaufbau bereit zu stellen. Denn Notre Dame gehöre dem französischen Staat. Und werde nicht nur von Katholiken, sondern auch von Anders- und Ungläubigen besucht. Ich finde, letzteres ist Grund genug. Spenden der Anhänger kann man auch durchaus sinnvoller verwenden, nicht zuletzt für die maßgeschneiderte Bekleidung der Kardinäle und die roten Schuhe des Pontifex.
An Karfreitag, einem stillen Feiertag, ist einiges verboten. Tanzen. Zirkus. Selbst Umzüge. Und Spielhallen müssen geschlossen bleiben. Vielleicht hofft die Kirche, dass Gläubige und Ungläubige das ersparte Geld der Kirche spenden. Wobei ich mir allerdings die Frage stelle, welchen Unterschied es machen soll, das Geld in einen Klingelbeutel zu legen oder in den Schlitz eines einarmigen Banditen einzuwerfen.
In Berlin soll es an Karfreitag ja verhältnismäßig großzügig zugehen, was die Verbote betrifft. Recht kleinlich, ja geradezu knauserig hat sich ein Berliner Gericht allerdings gezeigt, als es um Frischluft im Winter ging. Eine Frau mit kanadischer Herkunft lebte in einer Mietwohnung mit Ofenheizung in Berlin. Sie war in Berlin als Anwältin tätig und daher mit den Berliner Temperaturen und den rechtlichen Gepflogenheiten bestens vertraut.
An irgendeinem Septembertag 2011 entschloss sie sich, ihr Lebensglück für längere Zeit in Pakistan zu suchen. Vor der Abreise stellte sie die Heizung ab, öffnete allerdings die Fenster in Küche und Bad. Den Wohnungsschlüssel gab sie ihrer Nachbarin mit der Auflage, im Falle eines Falles den Schlüssel dem Vermieter auszuhändigen. Vom Anstellen der Heizung oder Schließen der Fenster war keine Rede.
Nachdem der Vermieter Kenntnis vom Sachverhalt erhielt, kündigte er das Mietverhältnis im März des Folgejahres. Die Mieterin kippte aus allen Latschen, als sie bei ihrer Rückkehr die Kündigung vorfand. Sie wähnte sich im Recht, immerhin hätte sie für eine ausreichende Belüftung der Wohnung gesorgt. Auch möge sich der Vermieter nicht so aufregen, es sei ja nichts passiert. Alle Rohre hätten gehalten.
Das Landgericht gönnte der Mieterin die pakistanische Gelassenheit, hielt aber mit Berliner Schnauze dagegen: Lässt ein Mieter eine mit Ofen beheizte Wohnung im Winter längere Zeit mit geöffneten Fenstern in Küche und Bad zurück, stellt das eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Diese berechtigt den Vermieter selbst dann zu einer fristgerechten Kündigung, wenn noch kein konkreter Schaden eingetreten ist.
Auch nach über 30 Jahren Anwaltstätigkeit macht es mir immer wieder Spaß, die eine oder andere Gerichtsentscheidungen zu lesen. Diese hier gehört definitiv dazu.
Für Interessierte:
LG Berlin 22.01.2014 – 65 S 268/13
Musiktipp:
Merchants of light von Big Big Train
Wer wann warum die Parole ausgegeben hat,
Karfreitag kein Fleisch zu essen, weiß keiner.
Gab's vor 2000 Jahren etwa schon die Nordsee?
© am Text: Detlef Wendt
© am Bild: Julian Schain