Der 57. Wendt der Woche: Auswandern oder fremdgehen?

27. KW 2019

 

Was haben Staat und Kirche gemeinsam? Beide nehmen Steuern ein. Und was unterscheidet sie? Nur einer von beiden hat sie verdient. Wer das ist, das finden Sie bitte selbst heraus. Jedenfalls ist es merkwürdig: Je mehr Geld jemand verdient, ...

 

... desto fester ist er davon überzeugt, zu Unrecht Steuern zu zahlen. Er sucht Auswege und Schlupflöcher, um Steuern zu sparen. Damit am Jahresende die eingenommenen 5 Millionen Euro brutto zu verdienten 5 Millionen Euro netto werden. Derer Schlupflöcher gibt es viele. Beispielsweise kann man nach Monaco auswandern. Vorausgesetzt, der dortige Fürst ist mit der Einwanderung einverstanden. Das lässt man sich notfalls auch gerne etwas kosten. Immerhin kann der Fürst das Geld wesentlich besser gebrauchen als der eigene Staat.

 

Es erstaunt auch nicht, dass die meisten Auswanderungswilligen zur geistigen Elite des jeweiligen Landes gehörende Intellektuelle sind. Beispielsweise Spitzensportler. Oder Models. Und schwups, schon komme ich ins Grübeln. Zwar dürfte beim Sport der Zug für mich abgefahren sein, aber zum Modeln ist es doch nie zu spät. Vielleicht stelle ich mir demnächst mal eine kleine Fotomappe zusammen. Und dann auf Wiedersehen in Monaco? Wer weiß das schon?

 

Steuern sparen wollte auch ein untreuer, allerdings an Ideen reicher Mann aus dem Raum Köln. Er war verheiratet. Die Ehe war wohl langweilig. Deshalb fing er ein Verhältnis an. Das Verhältnis war aufregend. Er ließ sich scheiden und heiratete sein Verhältnis. Auch die zweite Ehe wurde wohl langweilig. Er fing erneut ein Verhältnis an. Nun macht Gewohnheit gelegentlich unvorsichtig: Die Freundin seines neuen Verhältnisses bekam Wind davon. Sie teilte dem Mann beiläufig mit, auf Grund ihrer vermutlich angeborenen Mitteilungsbedürftigkeit sehe sie sich gezwungen, seiner Ehefrau von dem Verhältnis zu berichten. Gegen eine Zahlung von knapp 200.000 DM (ca. 100.000 €) könne sie sich aber vorstellen, die ganze Angelegenheit zu vergessen. Der Mann zahlte, nicht zuletzt deshalb, weil seine Ehefrau schwer herzkrank war und er befürchtete, die Offenbarung seiner erneuten Untreue könne ihren vorzeitigen Tod bedeuten. 

 

Die Ehefrau starb dann irgendwann unwissend. Nach dem Tod seiner Frau zeigte der Mann die Erpresserin an, die daraufhin zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Da er keine Möglichkeit sah, das Erpressungsgeld von der Täterin zurückzubekommen, setzte er den gezahlten Betrag von der Steuer ab.

 

Das Finanzamt fand, das schlage dem Fass den Boden aus und lehnte das Ansinnen ab, nach dem Motto: Mer kann och üvverdrieve! Das Finanzgericht Köln dagegen hatte Verständnis für den Mann und gab ihm recht, frei nach dem Motto: Et kütt, wie et kütt! Der Bundesfinanzhof war zunächst einmal erstaunt ob der Kölner Großzügigkeit und dann der Ansicht, dass Erpressungsgelder, die gezahlt wurden, damit der Ehepartner nichts von einem außerehelichen Verhältnis erfährt, nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar seien.

 

Der Mann hätte der Erpressung, so die Bundesrichter, ja nicht nachgeben müssen. Stattdessen hätte er seiner Frau seine Fehltritte beichten können. Die Annahme, dass dies zum vorzeitigen Ableben geführt hätte, sei durch nichts belegt. Zumindest hätte er es zunächst einmal ausprobieren können, so nach dem kölschenen Motto „et hätt noch immer jot jejange“.  

 

Welches Motto fällt Ihnen dazu ein? Da pack ich mir an de Kopp? Oder besser: Wat nix is, dat is nix?

 

Für interessierte Fremdgänger:

BFH 18.03.2004 – III R 31/02

 

© am Text: Detlef Wendt